Stress – Was ist das genau? Wie ticke ich? Welche Auswirkungen kann chronischer Stress haben? Wie kann ich gezielt mit wenig zeitlichem Aufwand meine Stressresistenz erhöhen?
Antworten zu diesen Fragen findest Du in diesem Blogartikel. Es soll hier um eine Annäherung an das Thema gehen – bei jedem Punkt so kurz & knapp wie möglich, mit wissenschaftlichem Hintergrund und praktischen Tipps zur Umsetzung.
INHALT
- Was ist Stress?
- Was sind Stressoren?
- Wissenschaftliche Stresstheorien
- Dein Stresslevel - Wie geht es Dir gerade?
- Welche Folgen kann chronischer Stress haben?
- Praxistipps
- Fazit & Quellen
Was ist Stress?
Stress ist ein evolutionäres Zeichen dafür, dass wir aus dem Gleichgewicht geraten sind und eine mögliche Gefahr für unser Leben bestehen könnte. Aus dieser Perspektive betrachtet handelt es sich bei Stresserleben, um einen natürlichen Teil des Lebens.
Stresserleben ist ganz individuell. Es ist nicht nur der Stressor, der das Erleben beeinflusst, sondern auch wie Du diese Situationen bewertest.
Was sind Stressoren?
Stressoren beeinflussen unser Wohlbefinden und unser psychisches Gleichgewicht. Es gibt unterschiedliche Kategorien von Stressoren, die auf Dich wirken können. Das Gesamtpaket der Einflüsse hat am Ende zusätzlich eine Auswirkung auf Dein Erleben und den Umgang damit.

- Physische Stressoren: Lärm, Hitze, Kälte oder auch chronischer Schmerz
- Psychische Stressoren: Zukunftssorgen, Versagensangst, Leistungsdruck, Gedankenkreisen, Perfektionismus, Ungeduld
- Soziale Stressoren: Konflikte, mangelnde Anerkennung, Einsamkeit
Jede Veränderung im Leben bedeutet Anpassung an neue Gegebenheiten und ist daher ebenfalls verbunden mit Stresserleben. Es kann dabei ein positives Ereignis sein, wie z.B. die eigene Hochzeit oder der gewünschte Ortswechsel, wie auch negative Ereignisse, wie der Verlust eines geliebten Menschen oder die ungewollte Kündigung des Jobs.
Wissenschaftliche Stresstheorien
Allgemeines Adaptationssyndrom - Stressmodell nach Selye
Hans Selye (1907-1982 - Mediziner und Biochemiker) wird auch als Vater der Stresstheorie bezeichnet. In seinem Modell wird der Fokus auf die körperliche Reaktion auf seelische oder körperliche Belastung gelegt.
Das Modell besteht aus drei aufeinanderfolgenden Phasen.
- Alarmphase: Ausschüttung von Stresshormonen, die der Bereitstellung von Energie dienen.
- Widerstandsphase: Reduzierung der Stresshormone und Herstellung des körperlichen Normalzustands wird angestrebt.
- Erschöpfungsphase: Bei langanhaltender Aktivierung des Körpers kann es zur Erschöpfung kommen. Auswirkungen dessen findest Du bei beim Punkt Folgen chronischen Stresserlebens.
Transaktionales Stressmodell nach Lazarus
Das Modell nach dem Psychologen Richard Lazarus (1922-2002) beschreibt die Entstehung von Stress als ein Übersteigen der Anforderungen von vorhandenen Ressourcen. Eine individuelle Bewertung der Situation ist ausschlaggebend.
Das Modell definiert Stress als dynamischen Prozess zwischen Person und Umwelt.
- Primäre Bewertung: Ist die Situation für mich bedeutungslos, herausfordernd oder bedrohlich?
- Sekundäre Bewertung: Habe ich ausreichend Ressourcen für die Bewältigung?
- Coping: Auswahl der Strategien, um mit der Situation umzugehen
- Neubewertung: Aus der Situation lernen und neue Handlungsmöglichkeiten abspeichern
Ressourcenmodell nach Hobfoll
Die Theorie der Ressourcenerhaltung aus 1988 von Stevan Hobfoll ergänzt die Stresstheorien durch den zusätzlichen Aspekt des Strebens nach Ressourcenerhalt und des Aufbaus neuer Ressourcen.
Stress entsteht, wenn:
- Verlust von Ressourcen droht
- Ressourcen verloren werden
- Gewinn neuer Ressourcen ausbleibt trotz Investition in den Aufbau
Dein Stresslevel – Wie geht es Dir gerade?
Beantworte für Dich folgende Fragen. Nimm dazu im Schnitt die letzten vier Wochen.
Sei ehrlich mit Dir selbst, ob Du Unterschiede zu anderen Zeiten in Deinem Leben feststellst.
Tausche dich im zweiten Schritt mit einem Dir wohlwollenden Menschen aus. Vielleicht erhältst Du noch einen anderen Blick darauf. Zeitweise nehmen wir Veränderung an uns selbst erst als letztes wahr, nachdem unser Umfeld schon länger merkt, dass sich etwas verändert hat.
- Bemerkst Du Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Rückenschmerzen?
- Hast Du wenig bis keinen Appetit?
- Gibt es Einschlafschwierigkeiten?
- Fühlst Du Dich öfter erschöpft?
- Hast Du Verdauungsbeschwerden?
- Fühlst Du Dich gereizt, innerlich unruhig, nervös?
- Bist du häufiger unzufrieden, fühlst dich leer, ausgebrannt?
- Hast Du Alpträume?
- Kannst Du Dich schlechter konzentrieren?
- Passieren Dir Fehler?
- Kreisen Deine Gedanken immer wieder um das gleiche und lassen sich nicht stoppen?
- Bist Du aggressiver als sonst?
- Trinkst Du mehr Alkohol oder rauchst mehr als früher?
- Hat sich Dein Essverhalten geändert – mehr Essen oder weniger?
- Vernachlässigst Du Deine sportliche Praxis und / oder Deinen Kontakt zu Familie oder Freunden?
Veränderungen in diesen Bereichen kann auf ein erhöhtes Stresserleben deuten. Wenn Du magst, nimm das als Warnsignale und Zeichen dafür, dass es für Deine physische und psychische Gesundheit wichtig ist, ab sofort für mehr Erholungsinseln in Deinem Alltag zu sorgen.
Welche Folgen kann chronischer Stress haben?
- Erhöhte Cortisolausschüttung
- Anhaltend hohes Aktivierungsniveau
- Geschwächtes Immunsystem
- Schlafstörungen
- Verdauungsprobleme
- Erhöhtes Schmerzerleben
- Steigendes gesundheitliches Risikoverhalten
- Erhöhter Suchtmittelkonsum
- Erhöhtes Diabetesrisiko
- Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko
In einer Metaanalyse aus 2009 von Lupien et al. konnte gezeigt werden, dass auch Veränderungen der Gehirnstruktur in den Bereichen Gedächtnis, Emotionskontrolle und Entscheidungsverhalten bei chronischem Stress möglich sind.
Praxistipps

Das Wichtigste vorweg: IRGENDWANN IST JETZT.
Es ist jederzeit und überall möglich Deine Stressbewältigung zu beginnen und damit positive Effekte zu erzielen. Wichtig ist, dass Du Dich kennenlernst, Du rausfindest wo sich etwas verändern lässt und was genau Dir helfen kann.
Bewusstmachen - Erkennen - Ändern
Nimm Dir gerne Papier und Stift, um Antworten zu den folgenden Reflexionsfragen zu notieren.
- Was sind typische Situationen, in denen Du Dich gestresst fühlst?
- Was wiederholt sich immer wieder?
- Wo genau verlierst du Energie?
Ressourcen finden
In stresshaften Zeiten verlieren wir gefühlt Energie, Kraft, Geld, Sicherheit u.a.. Umso wichtiger ist es für das persönliche Wohlbefinden gegenzusteuern.
Erstelle Dir durch die Beantwortung der folgenden Fragen eine Schatzkiste voller Ressourcen. Das können Deine Stärken, Fähigkeiten, Fertigkeiten oder auch andere Menschen und Orte sein, die Dich stärken.
- Was gibt Dir Energie und Kraft? Womit kannst Du sie wieder auffüllen?
- Was genau hilft Dir, Dich sicher und handlungsfähig zu fühlen?
- Wer oder was kann Dich dabei unterstützen?
Erinnere Dich daran, wenn die nächste Stresssituation kommt, dass Du diese Liste Deiner Schätze hast, indem Du sie, z.B. in der Hosentasche, am Spiegel im Bad, an einer Magnetwand, am Laptop usw., findest.
Deinen Stressmarker erkennen
Notiere Dir bitte auch, wie Deine Reaktion in diesen Stresssituationen ist.
- Wie reagierst Du körperlich, mental, emotional und in Deinem Verhalten?
Woran erkennst Du Es ist zu viel! Es reicht!?
Notiere Dir genau das, um Dich daran nächstes Mal zu erinnern und umzuschalten auf Erholung.
Kleine Inseln der Erholung schaffen
- Bewusst Atmen – fünfmal tief durch die Nase ein und den leicht geöffneten Mund wieder aus
- Achtsames bewusstes Spazierengehen in der Mittagspause
- Regelmäßige Mini-Pausen von drei – fünf Minuten in den Alltag einbauen, z.B. durch eine Augenentspannung – aus dem Fenster in die Ferne schauen oder Augen schließen und die gewärmten Handflächen darüberlegen
- Zeiten für Selbstfürsorge planen, sich erinnern und bewusst umsetzen
- Kurze Bewegungsübungen, z.B. Dehnung- und Flexibilitätsübungen

- Mach Dir bewusst wie Du tickst - erkenne & ändere Dein negatives Verhalten.
- Erkenne Deinen Stressmarker frühzeitig.
- Finde Deine Ressourcen.
- Schaffe Dir bewusst Deine Erholungsinseln.
Fazit:
Stresserleben schützt unser Überleben und gehört dazu. Wer sich kennt, Warnsignale des Körpers zulässt, einen individuellen Plan zur Erholung hat und diesen auch umsetzt, kann Auswirkungen von chronischem Stress entgegenwirken.
Mit einem ersten kleinen Schritt zum passenden Erholungsritual kannst Du Dein Wohlbefinden und Deine innere Stärke (weiter) ausbauen und sichern.
Quellen
Hobfoll, S.E. (1989). Conservation of Resources – A new Attempt of Conceptualizing Stress. American Psychologist, 44, 513-524.
Kaluza, G. (2011). Stressbewältigung. Heidelberg: Springer.
Lazarus, R.S. (1966). Psychological stress and the coping process. New York: MacGraw Hill.
Lupien, S.J., MacEwen, B.S., Gunnar, M.R. & Heim, C. (2009). Effects of Stress throughout the Lifespan on the Brain, Behaviour and Cognition. Neuroscience, 10, 434-445.
Selye, H. (1936). A Syndrome produced by Diverse Nocuous Agents. Nature, 138, 32.